Mist, eine ganze Spalte gelöscht! Dieses Excel ist für mich immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Warum musste auch Sonja die Idee haben, schon ein Jahr vorher mit der Erfassung der Arbeitszeit zu beginnen? Ganz wider meine Prinzipien habe ich das August- und Septemberformular noch nicht eingereicht und muss an diesem Wochenende  nachsitzen.

Ich habe noch kein System gefunden, wie man diese verschiedenen Bereiche effizient und trotzdem genau erfassen kann. Zuerst habe ich es mit Post-its versucht, dann mit Zählstrichen: Pro fünf geleistete Minuten machte ich einen Strich in der Spalte des Bereichs, konnte dann aber diese Striche nicht mehr einem einzelnen Tag zuordnen. Und genau das müsste ich in dieser vermaledeiten Excel-Liste tun! Die Kollegen scheinen mir da  einen  Schritt  voraus zu sein. Bernie hat eine alte Stechuhr restauriert und nutzt für jeden Bereich eine andere Stempelkarte. Döbeli hat irgend einen Zufallsgenerator in sein Excelsheet programmiert, der vollautomatisch alles ausgewogen (und ohne Realitätsbezug) verteilt. Vergangenen Freitag (bei meinem letzten Versuch, diese dämliche AZE auszufüllen) hätte ich ihn in meiner Verzweiflung beinahe um eine Kopie gebeten… Aber ihn um etwas zu bitten und meine Unfähigkeit preiszugeben, käme einer persönlichen Niederlage gleich, für die ich bei Döbeli erst im nächsten Leben bereit sein werde. Steve Hilfiger kann seine Arbeitszeitminuten einfach aus der Swisscom- Rechnung übertragen, da er kaum noch Offline-Schulsozialarbeit betreibt. Und die Anja Schulz sprengt mit ihrer Unfähigkeit, eine Klasse zu führen, den Rahmen des Berufsauftrags. Bei der BiD hat nämlich niemand vorausgesehen, dass man für Intervention, Elternarbeit und nebulöse Fragen an die Kolleginnen sämtliche 2184 Stunden verbraucht und für das Unterrichten gar keine Zeit mehr hat.

Aber zurück zu meinen Problemen. Nebst dem Ausfüllen des Formulars bereiten mir noch einige Detailfragen Sorgen: Wenn Annador Hunziker anruft und sich über Kevin schulische Leistungen beklagt, gehört das klar zum Bereich «Zusammenarbeit»… oder ist es doch «Klassenlehrperson»? Dazu ist aber die Hunziker auch Mitglied beim Elternrat und das zählt doch eigentlich zum Bereich «Schule». Das ginge ja noch, aber Annador vermischt ihre beiden Rollen in ihren Telefonaten vollkommen willkürlich. Das erste Mal habe ich versucht, während des Telefonats die Dauer der einzelnen Aussagen zu stoppen und nach Bereichen aufzuschlüsseln. Das hat mich dermassen verwirrt, dass ich inhaltlich nachgegeben und dem Kevin das Wiederholen einer Prüfung zugebilligt habe. Und das alles, weil er im Moment angeblich in eine Klassenkameradin verliebt sein soll. Das ist mir in 17 Jahren Unterrichten noch nie passiert!

Seit Albert Jauch mein Zimmer reinigt, habe ich ihm schon fünfmal erklärt, wie man ein Bücherregal abstauben muss. Kann ich das unter «Zusammenarbeit» abbuchen, obwohl man im Fall von Jauch eher von «Gegeneinanderarbeit» sprechen müsste? Und am Schluss putze nochmals ich allein, weil er den Staub nur neu verteilt. Aber das kann ich wohl nirgends abbuchen.

Ich habe mich auch schon gefragt, ob ich vielleicht anfangs März ein Klassenlager durchführen soll. Wettermässig nicht so prickelnd, aber die fünf mal 24 Stunden (gefühlt sind es 48 pro Tag) würden mich so ins Plus bringen, dass Sonja für meine Standortgespräche eine Vikarin anstellen müsste.

Einen gewichtigen Vorteil hat dieser Berufsauftrag dann doch. Ich habe schon 45 Stunden an Sitzungen beisammen. Früher habe ich mich über Sonjas inexistente Sitzungsführung geärgert und der verlorenen Zeit nachgetrauert. Heute stelle ich mir eine Sanduhr vor und geniesse, wie das Glas im Bereich «Schule» langsam halbvoll wird, während vorne irgendjemand quasselt.

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