«Keiner verlässt dieses Zimmer, bis nicht ein Mitglied für den Elternrat gefunden ist», in dieser Form von Direktmarketing im Kasernenhofton wurde uns damals eine Mitgliedschaft im Elternrat schmackhaft gemacht. Das war vor einem Jahr, als mein lieber Colin gerade frisch in der Oberstufe war. Die Partelli blickte in ein Meer des Schweigens. Ich besass die Kaltblütigkeit, mir erst genau zu überlegen, welche Vor- und Nachteile ein solches Mandat mit sich bringen würde. Als überzeugte Mutter, die ihre Kinder engbegleitet und unterstützt und nicht dem Selbstfindungstrip vieler Kolleginnen folgt, möchte ich Colin all die Fürsorge zukommen lassen, auf die er Anspruch hat. Und nicht als Hauptmotivation, aber so nebenbei könnte mein Einsatz vielleicht die «Ungenügend-Kreuze» im Hörverstehen der Fremdsprachen etwas zu Colins Gunsten verschieben. Es ist ja bekannt, dass die Lehrer nicht so streng benoten, wenn man mit ihnen per Du ist.
So wurde ich Mitglied im «Elternrat Brunnacker». Für die erste Sitzung habe ich mich gewissenhaft vorbereitet. Das Resultat meiner Bemühungen war ernüchternd. Die Klassenlehrerin meines Sohnes, die uns Eltern irgendwelche neuen Regeln für den Pausenplatz präsentieren musste, stellte sich allen mit «Partelli» vor. Einen Vornamen hat die wohl nicht! Sogar die Schulleiterin darf man duzen, aber nicht Frau Partelli! Als ich dann nach ihrer Präsentation etwas zu den Regeln aus Elternsicht sagen wollte, wurde ich von Sonja Brunner unterbrochen. Die Elternmitwirkung an der Brunnackerstafette müsse noch besprochen werden. Elternmitwirkung – dass ich nicht lache! Die besteht exklusiv darin, ein Getränke- und Kuchenbuffet bereitzustellen. So war es an jeder Sitzung: Immer wenn wir Eltern einen Stein ins Rollen bringen wollten, bissen wir auf Granit.
Aber so schnell liess ich mich nicht unter- kriegen und verschob meinen Wirkungskreis in Colins Klasse. Sogar ins Klassenlager habe ich das A1b  begleitet,  Museumsführungen und Wanderungen mitgemacht und gekocht. So war ich natürlich auch sicher, dass mein Colin sein gewohntes und gesundes Essen bekommt. In diesem Lager merkte ich, dass er nicht die Aufmerksamkeit erhält, die er braucht, um auch wirklich seine guten Seiten zu zeigen. Am Energietag wollte er beim Velofahren seine Musik hören. Er braucht halt die Musik, um sein Bestes zu geben. So versuchte er mit der Partelli zu verhandeln, doch diese konnte seine guten Argumente einfach nicht verstehen. Schliesslich habe ich mich noch eingeschaltet, aber dieser Frau fehlt einfach das Grundverständnis für die Jugendlichen.
Auch in der Schule spricht sie nur von Prüfungen und mein Colin gab sein Bestes, doch nebst Fussballtraining (zwei- mal wöchentlich), Karatekurs, Kinesiologie und Schlagzeugunterricht ist es schwierig, auch noch den hohen Anforderungen der Partelli zu genügen. Englisch Hörverstehen: Note 3. Was blieb mir anderes übrig, als die ungenügenden Prüfungen zu unterschreiben? Damit war dann auch der Wirkungskreis «Schulklasse» abgehakt.
Wenn bei den Lehrern schon nichts zu machen ist, wollte ich wenigstens für die anderen Eltern etwas tun, so wie das im Leitbild unseres Elternrats vorgesehen ist. Ich organisierte in der grossen Turnhalle des Brunnackers einen Impulsabend zum Thema: «Die Mutter im Wandel der Zeit». Man hätte den Anlass auch bei uns im Wohnzimmer durchführen können. Es kamen nur 6 Mütter, von denen 2 sogar ihren Mann mitgeschleift hatten!?
Wofür gibt es Elternräte? Wenn die in Zürich wüssten, wie das in den Schulen läuft, dann hätten sie in ihrem «Leitfaden für Elternratsmitglieder» ein paar Kuchenrezepte und nicht Hartmut-von-Hentig-Zitate. Ich habe mich jetzt beim Fussballclub als Assistenztrainerin gemeldet. Dort steht wenigstens schon im Pflichtenheft, dass die Arbeit hauptsächlich im Waschen der Trikots besteht.

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