Ich bin die Questlerin hier im Schulhaus Brunnacker – wie man so schön sagt. Vorher war ich Forst-Ingenieurin in Nordrhein-Westfalen und leitete da ne Baumschule… hahaha, ne, war natürlich Vorsitzende im Ministerium für Land- und Forstwirtschaft …kleiner Scherz, bringt aber in den Lehrerzimmern immer wieder einige Lacher und lockert die für die Schweiz ach so typisch steife Atmosphäre.

Wobei es ja in einigen Gemeinden schon Lehrerteams gibt, wo so viele deutsche Lehrkräfte wirken, da wird DEUTSCH geschwätzt, in den  Lehrerzimmern…

Ich bin da aber gaaanz anders: Ich pass mich an und lerne Züricher-Düütsch – Abendkurs! Ich finde ja, das klingt bei mir schon ganz passabel, ist ja mein rheinischer Dialekt auch alemannischen Ursprungs. Doch bevorzugen die Schweizer leider mein Hochdeutsch. Auch okee, hab ja Deutsch im Profil und sowieso von wegen Unterrichtssprache… Doch zurück zum Lehrerteam oder Lehrkräfteteam – die Eidgenossen sind da genau in Gender-Correctness. Aber ganz grossartig, wie die mich unterstützen. Kam doch neulich der Bernie Schmalz zu mir, seines Zeichens «Werklehrer», und klopft an meine Tür. Obwohl, die steht ja immer offen, weil «offenes Schulzimmer» zu meinem modernen Unterricht gehört. Hab ihn anfangs gar nicht gehört, immer lebhafte Stimmung bei mir. Sagt, er hätte aus der Werkstatt unter mir beobachtet, wie einige meiner Schlingel aus meinem Fenster auf den Pausenhof gesprungen sind – hab ich doch gar nicht bemerkt! War nämlich am Pult und hab «individuell gefördert». Also springen die doch hinten bei mir aus dem Fenster und dann einfach wieder zur Zimmertür hereinspaziert, die Frechdachse, und das sogar mehrmals.

Verstehe ja Bernies Sorge. Da sind seine Schüler am Bohren und es fallen Kameraden vom Himmel. Da leidet die Konzentration. Saugefährlich!

Mein berufliches Vorleben macht mir das Schule-Geben aber auch nicht immer leicht.   Schulhausteam   und  sogenannt «flache Hierarchien» … ja die Sonja, unsere Schulleiterin hat schon ihre Qualitäten. Aber führen im Sinne von «Führen einer Bildungsinstitution», wie’s in der Ausbildung heisst, das kann die nicht, mit dem Harmoniebedürfnis. Mir hingegen hilft meine Vergangenheit in den Wäldern wieder. Raue Kerle, die Waldarbeiter. Und ich, hart aber fair, genau wie in der Schule, wenn da nur die adoleszenten Verhaltensweisen der Schweizer Jugend etwas berechenbarer wären…

Letze Woche hat’s bei mir dann bei meiner Berufspraktischen Abschlussprüfung «klick» gemacht. Die zwei arroganten Herren Prüfer liessen ja keinen guten Faden an meinen Lektionen: «Was genau haben die Schüler in dieser Lektion gelernt, Frau Schulz?» … Deutsch natürlich! – und – «Bei der von Ihnen beschriebenen Heterogenität haben wir die Binnendifferenzierung vermisst.» So’n Quatsch – was soll ich da differenzieren, wenn die einfach ALLE nicht zuhören können? Hauptthema aber dann die Klassenführung! Jahaa, das sind halt Pubertierende und der Weg ist das Ziel und ich kann ja nicht überall sein. Dann zu guter Letzt: «An einer guten Schule wird mehr gelernt als gelehrt.» Ja und wo bleibt denn mein Super-Input, meine Herren?! Nein, Schule geben ist bei den wirren Vorgaben und dieser Wischi-Waschi-Methodenfreiheit, auf die hier jedermann pocht, nicht meine Zukunft. Hab mich gleich nach meinem Rekurs gegen die unverdient tiefe Note an der Abschlussprüfung für die Schulleiterausbildung gemeldet – so!

Als Schulleiterin geht’s dann hauptsächlich um Budget-Kürzungen – kenn ich ja schon vom Forstamt – und Elternveranstaltungen. Reden kann ich über alles. Und Personalführung war schon in Deutschland meine Stärke …

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