«Ruth», hat sie mir gesagt, «Ruth, du weisst doch, wie’s im Leitbild steht: ‹Die Schule findet statt›! Immer oder zumin­dest wie auch immer! Da sind auch die vom Kanton drauf und piesacken mich noch verreckter als bei den Vollzeitein­heiten.» Und da hiess es: Manne, i d’ Hose! Und weil bei uns in der Schulpfle­ge wir Frauen den Karren ziehen, muss­te ich ran.
Alles lag daran, dass im Brunnacker der Mittelschul­vorbereitungskurs obligato­risch geworden ist. Und hier preschte Patrizia Partelli vor: Sie übernehme Deutsch. Zwei Kurse müssten es aber schon sein bei 16 Schülerinnen und Schülern. Zudem wolle sie die im Brun­nacker obligatorische Hausaufgaben­ stunde am Freitagnachmittag um 16.30 Uhr übernehmen. Freitagnachmittag gegen Montagvormittag war ihr Deal, auf den Sonja eingegangen ist, da ihr Patrizia bei der Erstellung des Wahlfach­stundenplanes aus der Patsche geholfen habe. Partellis so entstandenes Über­pensum – 3 Englisch­lektionen an der B ­Klasse – werde von Hannes Döbeli übernommen, das habe sie mit ihm schon geklärt. Die Stunden habe sie damals bloss aus Solidarität übernom­men, als Vreni Kaufmann sehr schwanger geworden sei und nach der Geburt nur noch am Donnerstag habe unterrich­ten wollen. Am letzten Frauentreff hat Vreni zudem offen gesagt, dass 9 Stunden (inklusive der Koordinationsstunde für die Leseförderung im Bezirk) eh das Limit seien. Die Haushaltskunde sei noch etwas gewöhnungsbedürftig, da sie das Patent streng genommen nicht habe; während der vier Nachmittagslektionen im Team­Teaching in der Lernlandschaft könne sie hingegen ihre Erstlese­Kom­ petenzen selbst für A­ Schüler optimal einbringen.
Hannes hat zwar keine von den offiziel­len Englisch ­Ausbildungen; aber das Werken leiste hier auch seinen Beitrag, Schliesslich baue er mit den Schülern Jahr für Jahr amerikanische Modellflug­ zeuge zusammen, deren Anleitung nur auf Englisch vorliege. Eine Männerchor­ reise nach New Glarus habe ihm auch die nötige Schlagfertigkeit verschafft, um mit den Fähigkeiten seiner B­ Schüler problemlos mitzuhalten. Klingt als Leis­tungsausweis wenig überzeugend, es zeichnen sich aber leider keine Alterna­tiven ab: Also, Döbeli ins Englisch. Leider hat er als Bedingung für sein selbstloses Entgegenkommen verlangt, die RuK­Lek­tionen weiterreichen zu können. Hier war die Lösungsfindung schon schwie­riger. Döbeli, der Naivling vom Dienst, wollte das Thema doch allen Ernstes in die Team­Sitzung einbringen und «wie auf dem Jahrmarkt offen anbieten». Auf dem Jahrmarkt der Gefühle! Ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie es da zu und her gegangen wäre: Man hätte doch nur schmutzige Wäsche gewaschen, und Missgunst, Frustration und latentes Bur­nout wären ungefiltert zutage getreten. Eine professionell geführte Schule kann sich das nicht leisten!
Und hier habe ich Sonja vor der letzten Schulpflegesitzung einen Floh ins Ohr gesetzt: Ich könnte als Intermezzo RuK erteilen, ich habe schliesslich vor Jahren als Reiseleiterin auch schon auf dem Peloponnes die teutonischen Touris­ten­scharen über das Orakel von Delphi aufgeklärt. Und hier musste Sonja lachen, denn sie wollte mich gerade auf das frei gewordene heilpädagogische Pensum ansprechen, das entstehe, weil das Amt ihre provisorische Unterrichts­bewilligung für Heilpädagogik nach drei Jahren ohne Abschluss nicht mehr erneuern wolle. Dass ich nun trotzdem bei meiner RuK bleiben darf, verdanken wir dem Umstand, dass Steve, unser Sozi­alarbeiter, sich für die Passerelle zum Masterstudium Schulische Heilpädago­gik eingeschrieben hat. Provisorisch, wie er betont haben wollte.

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