Heute wollen wir uns dem Thema «Ordnung im Lehrerzimmer» widmen. Ein trauriges Kapitel bei uns im Brunnacker. Ich sage immer: «Zeig mir wie du dein Geschirr verräumst und ich sage dir, wie du arbeitest. » Der Döbeli, zum Beispiel, schlürft mit Abstand am meisten Kaffee von uns allen. Wen wundert’s, ist ja Sek-B-Lehrer und hat massig Zeit zum Kaffeetrinken. Während wir Sek-A-Lehrer korrigieren, Prüfungen schreiben, verbessern lassen, erklären und uns abmühen, trinkt der feine Herr Kaffee – aber die Tasse dann ausspülen und versorgen? Doch nicht der HERR Döbeli Hannes.
Oder der Steve, unser Schulsozialarbeiter. Ich meine, ehrlich gesagt, kenne ich ihn nicht so gut, da ich meine Klasse im Griff habe und die wenigen Problemfälle selber löse. So muss ich mich nicht auch noch mit ihm herumschlagen.  Aber ehrlich, zum Zmittag bringt der immer so exotische Sachen mit.  Sieht aus wie abgestandenes Mah Meh und riecht nach hundertjährigem Komposthaufen in Papua-Neuguinea. Und während dem Essen serviert er uns selbst erfundene    Abenteuer-Reiseberichte aus dem indonesischen Regenwald. Die dazu passenden Gerichte macht er sich in der Mikrowelle warm. Der Lehrerzimmer riecht zwei Tage wie eine asiatische Imbissbude und die Mikrowelle sieht aus wie ein Saustall, weil der Steve immer den Deckel vergisst. Albert und Erna, unsere Hauswarte, drücken beide Augen zu und reden sich ein, dass die Lehrer selbst Ordnung machen. Die Lehrer – das bin ich!  Manchmal denke ich: «Wofür wird dieser Hausdienst denn genau bezahlt? Also wirklich, überanstrengen tun sie sich nicht. »
Ein anderes leidiges Thema ist der Kühlschrank. Bereits vier Wochen nach Schulbeginn stinkt es penetrant, wenn ich die Türe öffne. Warum? Weil irgendjemand   seine   Banane   darin   schwarz werden lässt (sicher der Bernie), der Schinken im Sandwich vor sich hinschimmelt (sicher von der Sonja) oder die Milch sauer wurde (sicher, weil sie der Hannes auch nach dem sechsten Kaffee nicht wieder im Kühlschrank versorgt hat)!
Es ist einfach traurig, wie viel Zeit wir schon für das Thema «Ordnung in der Küche» verplempert haben! Seit wir in zwei aufeinanderfolgenden Konferenzen nach elf Ordnungsanträgen festgelegt haben, dass immer jene die Platte abwaschen müssen, welche das letzte Kuchenstück essen, sind plötzlich alle nach dem Zweitletzten satt. Nicht nur, dass so das letzte Stück vertrocknet, nein, findige Lehrpersonen verwenden ihre Energie mit Hingabe darauf, dieses letzte Stück so oft zu halbieren, dass sie die Platte nicht abwaschen müssen. Der Bernie Schmalz entpuppt sich als Genie, wenn es darum geht, die letzten Brosamen noch zu einem Kuchenstück hochzustilisieren, zu schade, dass er im fachlichen Bereich diesen «kreativen Geist» missen lässt.
Im   schulinternen   Abwaschplan   bin ich mit Steve Hilfiger, dem Curryfresser, eingeteilt. Typisch für einen Fachlehrer oder Schulsozialarbeiter hat er nicht den Blick fürs Ganze. Wenn’s hoch kommt, räumt er vielleicht dreimal im Jahr die Maschine aus und ein. Die anderen 36 Mal vergisst er es oder schiebt einen seiner «wichtigen» Termine vor. Und dann bleibt natürlich alles wieder an mir hängen. Aber irgendwann, wenn der richtige Zeitpunkt da ist, bringe ich das aufs Tapet. Bald sind ja wieder die Mitarbeitergespräche mit der Schulleitung. Da werde ich das Sonja mal verklickern. So hat sie auch etwas Material für ihr Gespräch mit Steve. Ich bin sonst wirklich nicht so, aber diese schlampige Haltung der Küchenordnung gegenüber lässt doch interessante Rückschlüsse zu!


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