«Mit einer klaren Mehrheit von einer Stimme wurde die Verwendung von grünen Korrekturstiften beschlossen», lese ich im Protokoll des zweiten Jahr gangs. Während ich in unserem Jahrgang jeden Millimeter des Ist-Zustands verteidige, werden die im zweiten richtig fortschrittlich. Es ist aber auch höchste Zeit, dass jemand in Zeiten, wo es jede Erbsli-Dose in fünfzehn Varian ten gibt, einen Schritt in Richtung Einheitlichkeit unternimmt… nicht, dass auch noch die Schulbücher in einer Premium-, Classic- und Budgetausgabe gedruckt werden…
Die schulische Chefetage will neu alles vereinheitlichen, ob es sich nun um Filz stifte oder Schulzimmerregeln handelt. Bei uns heisst das Projekt «Brunnacker Plus» und hat zum Ziel, dass alle Lehrer gemeinsam ihre Unterrichtsziele festlegen. Uferlose Diskussionen, um am Schluss den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, der noch kleiner ist als jener im aktuellen Lehrplan. In zwei Jahren kommt der Lehrplan 21, da war es höchste Zeit, dass wir vorher noch rasch selber einen erfinden. Das war ja auch nichts als überfällig, schliesslich hat das 21. Jahrhundert bereits vor 13 Jahren begonnen. Während also BiD und EDK langsam in einen Reformstau geraten, ist in unserem Schulhaus der Eifer erst richtig erwacht. Wir schmieden einheitliche Dreijahrespläne und harmonisieren Korrekturzeichen.
Wenn jeder sich nur um sein eigenes Gärtchen kümmert (wie ich das übrigens 30 Jahre erfolgreich gemacht habe), muss ja auch wieder mal gejätet und vereinheitlicht werden. Das Dumme daran ist nur, dass damit die Qual der Wahl um die Qual der Diskussion (ebendieser Wahl) erweitert wird. Was wir mit dem Vereinheitlichen an Zeit sparen, holen wir mit dem Diskutieren wieder rein. Auch die Lebensdauer der Vereinheitlichungen ist manchmal kürzer als die Aushandlungszeit, weil nach zwei Wochen doch wieder alle das machen, was sie für das Beste halten.
Die Festlegung einer Korrekturfarbe kann mir eigentlich gestohlen bleiben, weil ich eh fast nichts korrigiere. Aber während man sich in den Jahrgängen um Details streitet, wälzt eine Arbeitsgruppe Probleme eines ganz anderen Kalibers: Die Auswahl eines neuen Englischlehrmittels für das ganze Schulhaus. Zuerst hätten wir das Ganze in der Lehrerschaft klären müssen. Aber mit Bernie Schmalz und Patrizia Partelli prallten zwei dermassen verschiedene Weltanschauungen aufeinander, dass sämtliche anderen Mitglieder nur noch wie unter Narkose auf ihren Stühlen sassen. Im Kampf der Titanen war dem «Duo infernale», Schmalz und Partelli, auch das Unterschreiten der Gürtellinie recht. Während Patrizia von einem Language-by-Grammar-Wälzer schwärmte, träumte Bernie von einem fünfzehnseitigen Woodstock-Flowerpower-Englischbüchlein. Irgendwie haben die beiden in der Hitze des Gefechts fast vergessen, dass keines ihrer Lehrmittel überhaupt zur Wahl steht. Jedenfalls musste unsere Peacemakerin und Schulleiterin, Sonja Brunner, schweres Geschütz auffahren, um die beiden Streithähne auseinanderzubringen.
Um ja nicht selber ins Fettnäpfchen zu treten, beschloss Sonja darauf, diesen heiklen strategischen Entscheid der Schulpflege zu überlassen. Nun müssen also die gesetzten Damen und Herren auf ihre inneren Voices hören. Während diese beim Finanzpolitiker verkünden, dass die Weiterverwendung des alten Lehrmittels am günstigsten käme, wartet Ruth Varkidakis noch auf eine New Inspiration. Gleichzeitig findet einer, der sich in der eigenen Schulzeit nie mit Fremdsprachen anfreunden konnte, bei English nicht nur Plus points, sondern denkt sich: Why Non Stop English?
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